Völlig übermüdet flog ich am 25. August nach Namibia, nachdem ich am Vortag von einer 24-tägigen
Australienreise nach Deutschland zurückgekehrt war. Als Mitglied der IAS (Internationale
Amateursternwarte) hatte ich auf der Farm Hakos das C14 gebucht und wollte den Mars fotografieren,
konventionell, ohne CCD und Video-Schnickschnack. Doch da wurde ich eines Besseren belehrt.
In den ersten drei Tagen war das Teleskop noch belegt durch einen sympathischen jungen Burschen,
der sich als Meister, ja in meinen Augen als Hexenmeister seines Faches erwies.
Sebastian Voltmer war mir ein Begriff. Ich hatte schon öfter einige seiner veröffentlichten Bilder
gesehen. Aber was ich jetzt sah, übertraf alle meine Erwartungen. Zunächst nahm er mit einer
ST10 CCD-Kamera den Trifidnebel auf und kontrollierte die Aufnahme ständig auf seinem Notebook.
Nach Beendigung der Aufnahmen mit verschiedenen Filtern wurde das Bild noch bearbeitet.
Virtuos flog der Curser nun über den Bildschirm. Verschiedene Menüs öffneten sich, an Histogrammen
wurden Regler verschoben, heiße Pixel weggerechnet und mit diversen Tricks die verstecktesten
Informationen aus dem Bild gekitzelt, ohne Artefakte zu erzeugen. Und dann stand er da, der
Trifidnebel mit seinen dunklen Adern und roten Segmenten, die von feinsten Filamenten durchzogen
waren. Und oben drüber stand leuchten blau die kosmische Kornblume, der Reflexionsnebel.
Gegen Morgen nahm sich Sebastian dann den Tarantelnebel in der großen Magellanschen Wolke vor.
Hier bestaunte ich auch wieder die virtuose Handhabung des Notebooks. Als ich dann das Ergebnis sah,
war ich zunächst sprachlos. Von meinen Filmaufnahmen kannte ich den Tarantelnebel nur als rotes
Gebilde mit einigen hellen Adern. Hier aber leuchtete er in allen Farben. Besonders der rosa-grüne
Spaghettiknoten in der Mitte trat leuchtend hervor und versetzte mich in Begeisterung.
Als Jugendlicher berauschte ich mich noch an den Aufnahmen des Mount Palomar 5-Meter-Spiegels.
Doch alle diese Aufnahmen, die früher das non plus ultra waren, kann man heute getrost in den Mülleimer
schmeißen angesichts der Ergebnisse, die man mit digitaler Technik mit kleinen Amateurgeräten erzielen
kann.
„Komm, ich zeig dir, wie es geht“, sagte Sebastian und versuchte mir die einzelnen Schritte zu erklären.
Ich kam mir vor wie jemand, der gerade mit einem Finger „Hänschen klein“ auf dem Klavier klimpern
kann und sich dann von einem Virtuosen eine Liszt-Rhapsodie analysieren lässt mit der anschließenden
Aufforderung: Nun probier mal! Aussichtslos, völlig aussichtslos. Anders verhielt es sich mit Mars.
Mit einer einfachen Web-Kamera nahm er den Planeten mit einer Videosequenz von etwa 2400
Bildern auf. In einem Spezialprogramm wurden diese Bilder gemittelt, geschärft und anschließend in
einem Bildbearbeitungsprogramm weiter verarbeitet. Beim Betrachten des Ergebnisses bekam ich
einen Lachanfall. „Die Amerikaner hätten viel Geld sparen können, wenn sie statt des
Hubble-Space-Telescopes den Sebastian mit der Web-Kamera eingesetzt hätten. Auch hier erklärte
er mir die einzelnen Schritte. Und endlich kapierte ich. Wenn ich solch ein vergleichsweise
preiswertes Equipment hätte, könnte ich vielleicht auch solche Bilder machen.
„Ja, dann mach mal“, forderte mich Sebastian auf. Er ließ mich an sein Notebook und ich machte.
Das Ergebnis war umwerfend. Durchsetzt mit feinsten Strukturen ragt die „Große Syrthe“ in die
rote Wüste hinein. Mit ihren dunklen Formationen heben sich Iapygia, Syrthis minor,
Mare Thyrrenum, Mare Cimmerium, Mare Serpentis und Sinus Sabaeus vom hellen Hintergrund ab.
Selbst so eine kleine Insel wie Ismenius Lacus ist deutlich als dunkler ovaler Fleck zu erkennen.
Der Kontinent Utopia liegt eingehüllt in einer zarten Eiswolke hoch im Norden. Und dann der Südpol!
Kein weißes Fleckchen, wie man es sonst visuell im Teleskop sieht, sondern eine strukturierte
Eiskappe (Kohlendioxid) mit deutlichen Ausläufern in Richtung Hellasgebiet.
„Wie ist so etwas möglich“, dachte ich. Bisher hatte ich mit ähnlichen Teleskopen bei
Oppositionsstellungen des Mars nur eine winzige Polkappe beobachten können, ein weißes
Stibbelchen am Rand des Planeten und höchstens noch irgend etwas diffuses Dunkles, was man
eher erahnen als erkennen konnte. Und jetzt hatte ich mit Sebastians Hilfe ein großes,
durchstrukturiertes Bild! Nicht zu fassen.
Sebastian Voltmer ist mit 21 Jahren ein alter Hase in bezug auf Astrofotographie und Bildbearbeitung.
Er ist Preisträger von „Jugend forscht“ und studiert Visuelle Kommunikation in Kassel. Ich habe
selten einen netteren, sympathischeren und hilfsbereiteren Sternfreund kennengelernt als ihn.
Seine Bilder kann man auf seiner Homepage www.astronom.de bewundern.
Hallo Saturn und Jupiter! Vor mir seid ihr nicht mehr sicher! Wenn ich erst einmal die entsprechenden
Gerätschaften habe...
Marsopposition in Namibia
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