Pleiten, Pech und Pannen Es fing schon damit an, dass ich meinen Rücksack vergessen hatte, als mich meine Frau zum Flughafen brachte. Also kehrten wir um und holten ihn noch. Dann hatte die Air Berlin-Maschine von München nach Windhoek zunächst Verspätung. Schließlich hieß es: Totalausfall wegen Triebwerkschaden. Also musste ich in München im Novotel übernachten. Der Flug ging dann erst am nächsten Morgen, als man von Berlin ein neues Flugzeug beschafft hatte. Auf dem Flughafen in München traf ich Reinhart Claus, einen sehr engagierten Professor für Physik und IAS-Mitglied mit einer Gruppe von Schülern. Er unterrichtet heute noch mit siebzig Jahren an einem Gymnasium.  Abends kamen wir in Windhoek an, bei 2 Grad Celsius. Wir wurden von Farmer Walter Straube und Schwiegersohn Friedhelm und Köchin Saara abgeholt und fuhren dann mit zwei Wagen zur Farm. Die Temperatur fiel unter den Gefrierpunkt. Da überraschte uns ein Schneesturm, so dass wir kaum noch die Pad sehen konnten. Auf der Farm angekommen, rutschte ich als erstes auf dem Schnee aus. Das Zimmer war eine Gruft. Ich legte mich mit Pullover und Thermohose ins Bett. Der nächste Morgen war klar und kalt, überall hatte der Schnee eine harte Eiskruste gebildet. Zwei Stunden nach Sonnenaufgang war aller Schnee zerschmolzen. In den nächsten Tagen stieg die Nachttemperatur auf durchschnittlich 16 Grad. Die Fotos vom Schneesturm und unserem kleinen Schneemann lud ich auf die Festplatte meines Notebooks. Später stellte ich fest, dass sie verschwunden waren und das Notebook nur noch eine Verknüpfung zur Kamerakarte anzeigte. Also steckte ich eine neue Karte in die Kamera und hoffe auf Datenrettung zu Hause. Ich hatte mir astrofotografisch viel vorgenommen. Eine große Liste von planetarischen Nebeln wollte ich in den kommenden Nächten abarbeiten. Abends schließe ich die Astrokamera SBIG STL 11 000 an den Sekundärfokus des 50 cm  Teleskops an und stecke das Stromversorgungskabel in den Akku. Nichts tut sich. Das Filterrad ruckelt und knurrt ein wenig, ein Lämpchen blinkt kurz auf und dann schweigt die Kamera, kein Ventilator läuft und keine Verbindung zum Laptop ist herzustellen. Selbst Computerfachleute wie Friedhelm können da nichts ausrichten. Die Kamera ist perdu, und damit auch mein ausgearbeitetes Programm. Nun hatte ich noch die astromodifizierte Canon EOS 350 D mitgenommen. Mit ihr hatte ich schon vor Jahren gute Bilder aufgenommen. Also musste das alte Schlachtross wieder ran. Ich montierte sie im Primärfokus.  Am Leitrohr wollte ich meine Guidingkamera anbringen, die hatte ich aber so lange nicht mehr benutzt, dass ich mit ihr nicht zu Recht kam und keine Verbindung zur Software herstellen konnte. Was nun? Ich machte einige Probeaufnahmen ohne Guiding, zoomte ins Bild hinein und siehe da, die Sterne waren nach einer Minute noch rund. Da die Canon EOS eine Farbkamera ist, brauchte ich keine Farbfilter einzusetzen und erhielt so in kurzer Zeit viele Aufnahmen. Ich machte von den Objekten (Galaxien in Sculptor und Fornax) meist 60 oder 120 Bilder mit 800 oder 1600 ISO. Manche Objekte sind so groß, dass sie nicht ins Gesichtsfeld passen und ich sie mit dem kleinen Takahashi 530 mm Newton-Teleskop aufnehmen musste. Das klappte alles prima, so dass es Augenblicke gab, in denen ich nicht mehr der SBIG-Astrokamera hinterher trauerte. Als der Mond aufkam, machte ich mit meiner Astro-Videokamera DMK 41 Bilder von der Mondoberfläche, später auch vom Jupiter. Ich speicherte jedes Video in einem eigenen Ordner auf meiner externen Festplatte ab. Die Kamera wurde sowohl an dem 1 m Refraktor Leitfernrohr angeschlossen als auch an den Sekundärfokus des 50 cm Spiegels. Die Aufnahmen waren ausgezeichnet, da meist gutes Seeing herrschte. Was für ein Konfusionrat ich zuweilen bin, zeigt sich an folgenden Begebenheiten: Ich hatte am Abend den Mond fotografiert und legte mich danach für drei Stunden ins Bett (Feldbett auf der Sternwarte). Nach Monduntergang wollte ich nun Galaxien aufnehmen. Doch alle Sterne waren zu Eiern verzogen. Ich experimentierte mit Belichtungszeiten. Bei zehn Sekunden waren sie noch rund, bei 30 sec schon eirig. Der versierte Astrofotograf weiß natürlich längst, was geschehen war. Ich Trottel geriet langsam in Verzweiflung, suchte mir polnahe Objekte, wo die Abweichung nicht so stark war. Aber bei einer Minute Belichtung waren die Sterne trotzdem länglich. „Ich geb’s auf“, dachte ich. „Mit dem Takahashi kann ich auch gute Aufnahmen machen.“ Da ging mir plötzlich ein Licht auf. Ich hatte vergessen, das Teleskop von Mondgeschwindigkeit auf Sterngeschwindigkeit umzustellen. Ein anderes Mal zweifelte ich an meinem Verstand und fürchtete aufkommende Demenz, als ich die Ursache meines Fehlers bemerkte. Ich wollte wieder im Sekundärfokus Aufnahmen vom Mond machen, bekam aber kein scharfes Bild. Ich kontrollierte mit einem Okular und fluchte, dass ich wieder nicht in den Fokus komme, was zuweilen beim 50er Teleskop nicht einfach ist. Ich holte mir Verlängerungshülsen. Vergebens, auch hier kein scharfes Bild. Schließlich gab ich es auf und fuhr das Teleskop in Parkposition. Ein Aufschrei. Mensch bin ich blöd! Das ist mir vor vier Jahren das letzte Mal passiert, als ich zum ersten Mal das Teleskop benutzte. Ich hatte vergessen, die Abdeckung aus Plexiglas vom Spiegel zu nehmen. Ich habe dann das Teleskop neu ausgerichtet und sehr schöne Aufnahmen vom Mond gemacht, ohne Plexiglasabdeckung. Am nächsten Abend streikte plötzlich die DMK 41 Videokamera.  Auf dem Bildschirm zeigten sich nur noch Lichtblitze. Also aus mit schönen Mondbildern, dachte ich. Aber ich hatte ja noch die DMK 21. Die hat aber einen winzigen Chip, so dass man nur einzelne Krater aufnehmen kann. Als ich sie aber an den Refraktor anschloss, konnte ich größere Regionen der Mondoberfläche erreichen. Durch das 50er Teleskop im Sekundärfokus plus Barlowlinse konnte ich das Alpental Bild füllend aufnehmen. Auch die dünne Rille im Tal war zu erkennen. Als ich am nächsten Tag die Mondbilder bearbeiten wollte, waren auf der externen Festplatte alle Mondordner verschwunden, nirgends konnte ich sie auffinden. Die Jupiteravis waren aber noch alle vorhanden.  Da ich hoffe, dass man diese Monddaten noch irgendwie retten kann, habe ich diese externe Festplatte nicht mehr angerührt und die folgenden Aufnahmen auf einer anderen aufgespielt. Es gab aber auch schöne Momente: Ich sitze im Teleskopraum und höre Beethovens Waldsteinsonate. Das Kreuz legt sich auf die Seite, der große Himmelszeiger Alpha und Beta Centauri zeigt gegen 12 Uhr. Hinter den Gitterstäben des Teleskops zieht die  Milchstraße vorbei. Die Sonate verklingt. Alles ist so still. Nur das leise Ticken der Schrittmotoren ist hörbar. Jedes Jahr der gleiche Anblick, jedes Jahr das gleiche kosmische Hochgefühl. Das uralte Licht der unzähligen Sterne fällt zufällig jetzt auf meine Netzhaut. Ein Zustand von – wie würden die Altvorderen sagen? - Glückseligkeit. Übrigens, der Rückflug hatte 24 Stunden Verspätung, beim Check-in musste ich wegen angeblichen Übergewichts 300 Euro nachzahlen und als Sahnehäubchen obendrauf kam auch mein Gepäck in Düsseldorf nicht an. Danke, Airberlin! Astroreise nach Namibia Impressum Startseite Schule Biografie